Ökumenischer Pilgerweg
St. Jost im Fischbachtal

Entdeckung

Von der Waldkapelle zum Pilgerweg

Der dunkle Wald um rauscht den Wiesengrund,
Gar düster liegt der graue Berg dahinter;
Das dürre Laub, der Windhauch gibt es kund:
Geschritten kommt allmählig schon der Winter.   
Die Sonne ging, umhüllt von Wolken dicht,  
Unfreundlich, ohne Scheideblick von hinnen,
Und die Natur verstummt, im Dämmerlicht
Schwermüthig ihrem Tode nachzusinnen.   
Dort, wo die Eiche rauscht am Bergesfuß,
Wo bang vorüberklagt des Baches Welle,
Dort winket, wie aus alter Zeit ein Gruß,
Die längst verlass'ne, stille Waldkapelle.   
Nikolaus Lenau (1802-1850): Die Waldkapelle
 
Nikolaus Lenau deutet es in seinem Gedicht an: Waldkapellen haben etwas Besonderes an sich! Ob sie noch benutzt werden oder nur als Ruine anzutreffen sind, von ihnen geht eine tiefe spirituelle Kraft aus. Umso mehr, wenn man sich fragt: Wer waren den die Menschen, die diese gebaut haben? Warum taten sie dies, usw.?
Und so ging es mir, als ich vor fünf Jahren als Pfarrer ins Fischbachtal kam. Auf dem Siegel der Kirchengemeinde war eine „St. Jost Kapelle“ abgebildet. Zuerst las ich einige Berichte über die Kapelle. Dann wurde mir von mehreren Gemeindemitgliedern davon mit großer Begeisterung berichtet: Dort oben im Wald liegt sie, die St. Jost Kapelle. Es waren zwei Gänge dorthin nötig, um den Ort zu finden, wo diese Kapelle vermutet wurde. Kein Schild, kein Hinweis, lediglich ein Kreuz und der ehemalige Altar aus der St. Johannes der Täufer Kirche deutete darauf hin, dass hier ein sakraler Ort ist. Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, aber irgendwie spürte ich eine innere Verbindung zu diesem Ort. In der Stille des Waldes fasste ich den Entschluss, diesen geheimnisvollen Ort als sakralen Ort wieder in das Bewusstsein der Fischbachtaler zu rufen.

Immerhin war diese kleine Waldkapelle der älteste dokumentierte sakrale Bau – neben der Schlosskapelle St. Peter – im Fischbachtal. Die Berichte über diese Kapelle hatten auch schon meine direkten Vorgänger, Pfr. Truschel und Pfr. Seyberth beeindruckt. Ihnen ist zu verdanken, dass die Kapelle als sakraler Ort nicht völlig in Vergessenheit geriet. Pfr. Seyberth und der damalige Kirchenvorstand hat sie anhand eines Siegels verewigt und unter Pfr. Truschel wurde dort im Wald der Altar aufgebaut. Im Siegel der Ev.-lutherischen Kirchengemeinde Niedernhausen ist das Siegel mit der St. Jost Kapelle eingeprägt. Ebenfalls haben die Fahnen der Feuerwehr, der Christlichen Pfadfindern Deutschlands (CPD) und die Kerbfahne von Niedernhausen dazu beigetragen, dass die kleine Kapelle im Wald nicht in Vergessenheit gerät. So ist unseren traditionsbewussten Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, dass die ehemalige Waldkapelle wieder zum „Gesprächsthema“ geworden ist.

Bei der 750jährigen Jubiläumsfeier Niedernhausens erwirtschafteten die dort beteiligten Vereine und Privatpersonen einen stattlichen Überschuss. Es ist insbesondere dem Ortsvorsteher Ludwig Schmidt zu verdanken, dass ein Teil des dort erwirtschafteten Überschusses nun für eine Stele bei St. Jost verwendet wurde, die auf die ehemalige St. Jost Kapelle hinweist.

Es stellte sich die Frage, inwieweit wir diese sakrale und historische Stätte im Fischbachtal in eine entsprechende überregionale Aktion umsetzen können. Im Rahmen der in unserem Dekanat durchgeführten „Mitgliederorientierung“ nahm der Gedanke eines „Ökumenischen Pilgerwegs St. Jost Fischbachtal“ immer deutlichere Konturen an.

Einen großen Dank ist besonders unserem Bürgermeister Wilfried Speckhardt, allen Kommunalpolitikern, Stephan Kühn aus der Gemeindeverwaltung und zahlreichen Privatpersonen auszusprechen.

(Michael Weber, Pfarrer)

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